APA-Meldung: Biosimilars in Österreich bisher auf Erfolgsspur

Bisher Einsparungen von 357 Millionen Euro für Krankenhäuser und Krankenkassen – Binnen fünf Jahren zusätzlich 303 Millionen möglich

Wien (APA) 05.06.2020 – Biosimilars – möglichst ähnliche „Nachbauten“ von Biotech-Medikamenten nach Patentablauf – können durch ihren günstigeren Preis für Spitäler und Krankenkassen offenbar deutliche Vorteile bieten. Eine neue Berechnung zeigt, dass Österreich hier im internationalen Vergleich gut liegt, sagte jetzt Sabine Möritz-Kaisergruber, Präsidentin des Biosimilarsverbandes Österreich (BiVÖ) gegenüber der APA.

„In den vergangenen zwölf Jahren konnten mit Biosimilars in Österreich 357 Millionen Euro eingespart werden. In den kommenden fünf Jahren könnten es weitere 303 Millionen Euro sein“, erklärte Möritz-Kaisergruber. 2019 habe der Gesamtmarkt für die sogenannten Biologika und Biosimilars in Österreich 1,3 Milliarden Euro betragen. Im niedergelassenen Bereich hätten die Biosimilars einen Umsatz von 46 Millionen Euro gemacht, im Krankenhaus einen von 75 Millionen Euro.

Insgesamt nimmt die Bedeutung von Biotech-Medikamenten laufend zu. Das sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel wie monoklonale Antikörper, Blutwachstumsfaktoren und Ähnliches. Die moderne Onkologie, die Rheumatologie und Gastroenterologie wären, neben vielen anderen Sparten der modernen Medizin, ohne sie kaum denkbar. Die Herstellung der Proteine oder Proteinfragmente via genetisch veränderter Zellen bzw. in Zellkulturen ist aber extrem aufwendig, die Preise sind zumeist im Vergleich zu den synthetisch produzierten „kleinen Molekülen“ hoch.

Eine Chance für Einsparungen bieten die Biosimilars nach dem Patentablauf für das Originalpräparat. Hier existiert in Österreich seit 2017 eine gesetzliche Regelung: Kommt das erste Biosimilar auf den Markt, muss dessen Preis 38 Prozent niedriger sein als der ursprüngliche des Originalpräparats. Der Preis des Originalpräparats sinkt dann um 30 Prozent. Das zweite Biosimilar-Präparat im Bereich dieser Arzneimittel muss dann um 15 Prozent günstiger als das erste angeboten werden. Beim Originalpräparat tut sich da nichts. Das dritte derartige Biosimilar geht mit seinem Preis noch einmal um zehn Prozent unter das zweite.“ Alle vergleichbaren Biologika (auch das Originalpräparat) müssen dann binnen drei Monaten ihren Preis auf diesen Wert absenken, wenn sie weiterhin in der Erstattung durch die Krankenkassen bleiben wollen.

„Wir sind für diese Regelung. Sie ist aber befristet bis Ende 2021“, sagte Möritz-Kaisergruber. Bei ihrem Verband wünscht man sich eine unbefristete Geltung dieser ASVG-Bestimmungen.

An sich befinde man sich in Österreich auf der Erfolgsspur, erklärte die Verbandspräsidentin. Derzeit seien in Europa mehr als 60 Biosimilars zugelassen, von denen 38 (zu 14 verschiedenen Wirkstoffen) in Österreich erhältlich sind. In den EU 5 und Österreich, also Deutschland, Großbritannien, Italien, Frankreich und Spanien, betrage der durchschnittliche Biosimilars-Anteil am biosimilarsfähigen Markt im niedergelassenen Bereich 11,4 Prozent, im Krankenhaus-Bereich 34,1 Prozent. In den Krankenhäusern schneide Österreich mit 43,1 Prozent Biosimilar-Anteil an den Biologika besonders gut ab. Damit sei allein seit 2016 ein Anstieg von 78 Prozent verzeichnet worden.

„Das ist so, weil im Spitalsbereich in Österreich der Budgetdruck zugenommen hat. Da wurde das große Einsparungspotenzial erkannt und umgesetzt“, sagte Möritz-Kaisergruber. Auch die Verantwortlichkeiten mit beispielsweise einem verantwortlichen Krankenhausapotheker und einigen leitenden Ärzten für das jeweilige Fachgebiet sei da eben überschaubarer, die Entscheidungsfindung einfacher.

Im niedergelassenen Bereich (Praktische Ärzte, niedergelassene Fachärzte) werden Biosimilars noch weitaus geringer verschrieben. Biologika und Biosimilars sind im niedergelassenen Bereich in 2019 für einen Umsatz von 617 Millionen Euro verantwortlich. Biosimilars kamen auf 46 Millionen Euro – das entspricht laut dem Verband erst 13,9 Prozent vom niedergelassenen Markt. „Wir würden uns hier Förderungsmaßnahmen wie beispielsweise in Bayern wünschen“, sagte Möritz-Kaisergruber. Dort würden von der Kassenärztlichen Vereinigung für Biologika nach Patentablauf Rahmenvereinbarungen für die Verwendung von Biosimilars gelten. Zum Beispiel sollten dort zwei Krebsmedikamente zu 80 und mehr Prozent als Biosimilars verschrieben werden. Auch vermehrte Informationen für niedergelassene Ärzte durch die Krankkassen sollte es geben.

Der Trend in Richtung Biosimilars dürfte weitergehen. Nach den sogenannten TNF-alpha-Inhibitoren (z.B. Infliximab, Adalimumab, Etanercept) für die Behandlung rheumatischer Erkrankung und oft verwendeten Onkologika wie Trastuzumab und Rituximab sowie weiteren hoch wirksamen Biotech-Medikamenten werden schon in den kommenden Jahren zahlreiche zusätzliche Biosimilars folgen. „Bis 2024 werden 14 weitere Biologika patentfrei“, erklärte die BiVÖ-Präsidentin. Da ist bereits der Markteintritt von weiteren Biosimilars für TNF-alpha-Blocker, für Biologika gegen Osteoporose, Multiple Skleose, Makuladegeneration und Asthma absehbar.

Die günstigeren Preise der Biologika-Nachbauten bringen in Österreich auch eine vermehrte Verwendung mit sich. Laut Möritz-Kaisergruper erhöhte sich beispielsweise die Zahl der Verschreibungen des Krebsmittels Trastuzumab nach Erhältlichkeit eines Biosimilars um 14 Prozent, bei dem Rheumamittel Adalimumab um 20 Prozent. Das deute darauf hin, dass mehr Patienten von diesen Therapien profitieren könnten.