Neue BiVÖ-Studie belegt: rund 357 Mio. EUR Einsparung durch Einführung von Biosimilars in den letzten 12 Jahren
- Durch Biosimilars sind weitere Einsparungen von ~ 300 Mio Euro bis 2024 in Österreich möglich
- Österreich schneidet derzeit bei Biosimilars-Verordnungen im EU-Vergleich positiv ab
Wien am 05.06.202 – Eine neue Biosimilars-Verbrauchsstudie des Biosimilarsverbandes Österreich (BiVÖ) in Kooperation mit IQVIA zeigt auf, dass durch die Einführung von Biosimilars rund 357 Mio. EUR in den letzten 12 Jahren eingespart werden konnten. Für die kommenden fünf Jahre ist ein weiteres Einsparungspotenzial von bis zu 303 Millionen Euro möglich. Warum so viel eingespart werden kann zeigt eindrücklich folgendes Beispiel: die Jahrestherapiekosten von Infliximab, die vor Einführung von Biosimilars bei ca. 15.000 Euro lagen konnten nach Einführung von Biosimilars auf rund ein Drittel gesenkt werden. Die Möglichkeiten wären vorhanden: Der Gesamtmarkt von Biosimilars und Biologika liegt bei 1,3 Milliarden Euro – das ergibt über die letzten vier Jahre eine durchschnittliche Steigerung von 10 %. Bis 2024 werden 14 weitere Biologika patentfrei.
76 Prozent des biosimilarsfähigen Marktes sind noch nicht ausgeschöpft, es gibt also auch für die nächsten Jahre noch viel Potenzial. „Die Ursachen dafür sind vielfältig: Kommen z.B. drei Biosimilars kurz nacheinander auf den Markt, bewirkt die Gleichpreisigkeit zwischen Originalpräparat und Biosimilars, dass in erster Linie der Originator weiterverordnet wird. Hier brauchen wir ein eindeutiges Bekenntnis aller Stakeholder des Gesundheitssystems Biosimilars zu unterstützen. Denn das schadet nicht nur dem Wettbewerb, sondern kann auch dazu führen, dass manche Biosimilarsanbieter vom Markt gehen, oder gar nicht erst auf den Markt kommen. Das kann die Versorgungssicherheit der Patienten gefährden und das Einsparungspotenzial für unser Gesundheitssystem wird geringer“, zeigt sich Dr. Sabine Möritz-Kaisergruber, Präsidentin des Biosimilarsverbandes Österreich (BiVÖ), überzeugt. Weitere Gründe sieht der Verband in der immer noch mangelnden Information bei Apotheken, Ärzten und Patienten.
Hohe Akzeptanz für Biosimilars im Krankenhaus
Dennoch zeigt sich für Österreich im EU-Vergleich ein durchaus positives Bild. Derzeit sind in Europa mehr als 60 Biosimilars zugelassen, von denen 38 (zu 14 verschiedenen Wirkstoffen) in Österreich erhältlich sind. In den EU 5 und Österreich, also Deutschland, Großbritannien, Italien, Frankreich und Spanien beträgt der durchschnittliche Biosimilars-Anteil am biosimilarsfähigen Markt im niedergelassenen Bereich 11,4 %, im Krankenhaus-Bereich 34,1 %.
Im Krankenhaus-Bereich schneidet Österreich mit 43,1 % besonders gut ab. Biosimilars sind hier in 2019 für einen Umsatz von 75 Mio. EUR (basierend auf Fabriksabgabepreisen) verantwortlich. Damit konnte seit 2016 ein Anstieg von 78 Prozent verzeichnet werden. Der starke Einsatz und die schnelle Uptake-Kurve von Biosimilars im Krankenhaus-Bereich ergibt sich vor allem daraus, dass viele der schweren Krankheiten wie Krebs und chronisch-entzündliche Erkrankungen, im Krankenhaus behandelt werden. In den Krankenhäusern herrscht großer Budgetdruck und die Erfahrungen der letzten Jahre bestärken die Krankenhausapotheker und Ärzte – sie gewinnen Vertrauen in Biosimilars und verordnen dementsprechend früher und häufiger als noch vor einigen Jahren.
Noch Potenzial für Biosimilars im niedergelassenen Bereich
Im niedergelassenen Bereich (Praktische Ärzte, niedergelassene Fachärzte) werden Biosimilars noch weitaus zögerlicher verschrieben. Biologika und Biosimilars sind im niedergelassenen Bereich in 2019 für einen Umsatz von 617 Mio. EUR verantwortlich. Biosimilars kamen auf 46 Millionen EUR Umsatz – das entspricht 13,9 % vom niedergelassenen Markt.
Während zum Beispiel der Adalimumab Absatz 2019 um 22 % gestiegen ist, erreichen die am Markt verfügbaren Biosimilars gemeinsam nur einen einstelligen Marktanteil. Das liegt daran, dass der Originator noch vor Eintritt der Biosimilars den Preis erheblich senkte und somit verstärkt das Originalpräparat verschrieben wurde. „Hier wird die Biosimilars-Preisregelung ad absurdum geführt. Wenn der Preis vom Originalprodukt noch vor Eintritt des ersten Biosimilars erheblich gesenkt wird, dann ist die Veranlassung der Ärzte zur Verschreibung des Biosimilars nicht mehr gegeben. Deshalb ist es wichtig, dass auch bei Gleichpreisigkeit die Biosimilarsförderung im Sinne eines nachhaltigen Angebots und eines fairen Wettbewerbs fortgesetzt wird“, so Möritz-Kaisergruber.
Weiters muss insbesondere im niedergelassenen Bereich noch mehr Informationsarbeit geleistet werden, um Unsicherheiten auszuräumen und die Biosimilars-Verordnung aktiv zu fördern. In Deutschland liegt der Anteil im niedergelassenen Bereich mit 23,9 Prozent um 10 Prozent höher als in Österreich. Das ist vor allem auf die Verordnungsquote von Biosimilars, Informationsschreiben, Arzneimittel-Trendmeldungen und spezielles Reporting und Zielwerte durch die deutschen Krankenkassen zurückzuführen.
„Diese Unterstützung wünscht sich der Biosimilarsverband auch von den österreichischen Sozialversicherungsträgern. Zwar hat die gesetzliche Verankerung der Preisregelung für Biosimilars im April 2017 für biosimilarsproduzierende und -vertreibende Unternehmen die Rechtssicherheit geschaffen, um auf den Markt zu kommen und ist damit auch maßgeblich für den gestiegenen Einsatz von Biosimilars verantwortlich. Die Vorgaben der Preisregelung müssen aber von allen Beteiligten eingehalten werden, damit Biosimilarsanbieter weiterhin am Markt bleiben,“ so Möritz-Kaisergruber.
Biosimilars wichtig für nachhaltige Versorgungssicherheit
Biosimilars spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von schweren Krankheiten wie z.B. Krebs und Autoimmunerkrankungen. Sie sind meist deutlich günstiger und somit wichtig für einen breiten Patientenzugang zu innovativen Therapien und damit auch für die Versorgungssicherheit. Damit Biosimilars durch ihre Einspareffekte nachhaltig zur Finanzierung unserer modernen Arzneimitteltherapie beitragen können, brauchen sie ein stabiles und wettbewerbsförderndes Marktumfeld. Wie wichtig ein gesunder Wettbewerb für die Versorgungssicherheit ist, zeigt sich insbesondere in den herausfordernden Zeiten rund um Covid-19 und den Diskussionen bezüglich Lieferengpässen.
2019 konnte durch den Eintritt der Biosimilars zum Beispiel im niedergelassenen und im Krankenhaus-Bereich eine Marktausweitung von 22 Prozent bei Adalimumab, 51 Prozent bei Pegfilgrastim, 14 Prozent bei Trastuzumab und 12 Prozent bei Rituximab festgestellt werden. Es können also mehr Patienten mit den vorhandenen Mitteln behandelt werden. Dies führt zu einem Rückgang an Krankenhausaufenthaltszeiten, Arbeitsausfällen, Frühpensionierungen und vor allem auch einer Verbesserung der Lebensqualität von betroffenen Patienten, die an diesen schwerwiegenden Erkrankungen leiden.
Sabine Möritz-Kaisergruber dazu: „In Situationen wie der derzeitigen Pandemie, wo Fabriken oder Lieferketten für einige Zeit still stehen oder wenn Länder, in denen der Rohstoff produziert wird, diesen nicht für den Export freigeben, weil sie ihn für das eigene Land bzw. die eigene Bevölkerung benötigen, kann es ganz schnell zu Lieferengpässen kommen.“ Umso wichtiger ist es, dass mehrere Biosimilarsanbieter am Markt sind, um Patienten auch in schwierigen Zeiten die bestmögliche Behandlung und Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.