DER EINFLUSS VON WISSEN AUF DIE VERSCHREIBUNG VON BIOSIMILARS

Uns stehen zum Thema „Bekanntheit und Wissen zu Biosimilars“ zwei aktuelle Studien
zur Verfügung, die einerseits einen bedenklichen Ist-Stand beleuchten, zum anderen
aber die Chancen für die Durchsetzung von Biosimilars am österreichischen
Markt – alleine durch die Erhöhung von Wissen über Biosimilars – aufzeigen.

Die beiden Studien sowie den Newsletter in PDF-Form finden Sie am Ende dieses Berichts über die bereitgestellten Links.

Zwei Studien, eine Erkenntnis

In zwei rezenten Studien wird das Verhalten bezüglich Verschreibungen von Biosimilars untersucht. Beide legen den Schluss nahe, dass mehr Wissen und eine bessere Durchsetzung von wissenschaftlichen Fakten zu Biosimilars einen direkten Einfluss auf das Verhalten von Verschreiberinnen und Verschreibern, aber auch in Bezug auf Vorurteile bei Pflegekräften sowie Patientinnen und Patienten haben. In der von Spectra Marktforschung ¹) erstellten Untersuchung aus dem Jahr 2022 werden die Gründe für oder gegen eine Verabreichung von Biosimilars abgefragt. Während Verschreiberinnen und Verschreiber von Biosimilars für ihre Entscheidung überwiegend handfeste Argumente, wie „Kostenersparnis“ und weiters „gute bzw. identische Wirkung“, „Bewilligungsgründe (grüne Box)“ und „einfache Handhabung“ anführen können, begründen Ärztinnen und Ärzte, die Biosimilars selten oder gar nicht verschreiben, ihr Verhalten überwiegenden eher unscharf mit „Vertrauen zu den Originalpräparaten“ oder den „vertrauten Umgang und die guten Erfahrungen mit den gewohnten Medikamenten“.

In der Studie „Perception of pharmacological equivalence of generics or biosimilars in healthcare professionals in Vienna ²)”, die 2023 von Lukas Binder und Prof. Markus Zeitlinger durchgeführt wurde, ist die Korrelation noch deutlicher herausgearbeitet. Zunächst wurden Wahrnehmung und Wissen über Biosimilars (und Generika) unter medizinischen Fachkräften (Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte) erhoben. Rund 15% der befragten Ärztinnen und Ärzte kannten Biosimilars gar nicht, fast 40% hatten nur oberflächliches Wissen. 57% aller diplomierten Pflegekräfte hatten noch nie von Biosimilars gehört und Dreiviertel konnten keine korrekte Definition geben. Nur 46% der Ärztinnen und Ärzte und 7% des Pflegepersonals haben angegeben, dass sie sich tatsächlich mit Biosimilars auskennen. Die Selbsteinschätzung über das Wissen um Biosimilars wurde mit 4 Wissensfragen zu Biosimilars verglichen. Die Ergebnisse lagen unter den Erwartungen: Die durchschnittliche erreichte Punktezahl bei Ärztinnen und Ärzten lag bei 0,87 – das bedeutet, es konnte weniger als 1 Frage beantwortet werden. Die am besten informierte Gruppe war die der Ärztinnen und Ärzte aus Universitätskliniken, hier wurden im Durchschnitt 1,58% der Fragen richtig beantwortet.

Deutlicher Zusammenhang zwischen geringem Wissen über Biosimilars und Vorbehalten und Skepsis gegenüber ihrer Anwendung

Laut den Ergebnissen der Umfrage 2) sind nur 63% der 593 Teilnehmenden von der klinischen Äquivalenz von Biosimilars bzw Generika zum Originalarzneimittel überzeugt. Die Umfrage zeigt deutlich, dass es breite Skepsis und große Wissenslücken zu diesen Arzneimitteln gibt. Darüber hinaus wurden Fragen der Studie bzgl. Wissenstand und Skepsis gegenüber Generika auch auf eine Korrelation überprüft. Die Untersuchung zeigte einen deutlichen Zusammenhang: Je weniger Wissen über biosimilare Arzneimittel vorhanden war, desto höher waren die Vorbehalte gegenüber diesen Therapieoptionen und desto geringer war die Bereitschaft Biosimilars in der täglichen Praxis einzusetzen.

Das Alter der Befragten hatte ebenfalls einen Einfluss auf die Überzeugung von der klinischen Äquivalenz zu Originalen. In der Altersgruppe der 30–39-Jährigen sind 70% davon überzeugt, während es in der Gruppe der 50-59-Jähren lediglich 58% sind.

 

Die befragten Fachärzte verschiedener Disziplinen zeigen sehr unterschiedliches Wissen:

In der Binder/Zeitlinger Studie zeigten Fachärztinnen und Fachärzte aus den Gebieten Interne- und Allgemeinmedizin den höchsten, aus dem Fachgebiet Chirurgie den niedrigsten Wissensstand über Biosimilars.

In der Studie von Spectra Marktforschung zeigen sich Teilnehmende aus den Fachgebieten Rheumatologie und Gastroenterologie als die Fachärzte mit den meisten Erfahrungen, Diabetologinnen und Diabetologen waren hingegen am zurückhaltendsten bei der Verschreibung.

Die Studie von Binder und Zeitlinger zeigt die Bedeutung von fundierter Weiterbildung des medizinischen Personals, um die Akzeptanz von Biosimilars (und Generika) zu steigern und damit die Therapieoptionen für Patientinnen und Patienten zu optimieren.

Den Ärztinnen und Ärzten und Pflegekräften war die Notwenigkeit für Wissenserwerb durchaus bewusst: 68% aller Teilnehmenden an der Studie bekundeten (starkes) Interesse an Fortbildungen zu den Themen Biosimilars und Generika.

Auch die Spectra-Studie zeigt die Nachfrage nach Schulung: Auf die Frage über gewünschte Unterstützung durch die Industrie liegt der Schwerpunkt auf mehr Information (siehe Grafik unten).

SINNVOLLE MASSNAHMEN ZUR FÖRDERUNG VON BIOSIMILARS

Mit fast 70% wünscht sich laut Spectra Marktforschung der überwiegende Teil der Ärztinnen und Ärzte eine erleichterte Verschreibung seitens der Kasse für preisgünstigere Biosimilars. Ein weiteres Anliegen ist eine reduzierte Rezeptgebühr für preisgünstigere Biosimilars, diesen Wunsch äußern knapp ein Drittel der Befragten.

Die Sicht der Patientinnen und Patienten:

Wenn Ärztinnen und Ärzte sich entschließen, ihren Patientinnen und Patienten Biosimilars zu verordnen, stoßen sie auf wenig Widerstand: N ach der Erfahrung der befragten Fachärztinnen und Fachärzte ist die Akzeptanz von einer Therapie mit Biosimilars sehr hoch. Der überwiegende Teil der Fragen von Patientinnen und Patienten wird rund um die Wirksamkeit (55%) gestellt, weitere Auskünfte suchen sie zu den Themen Verträglichkeit, Qualität und Sicherheit. Nur 12% fragen bei einer Umstellung auf Biosimilars nach den Gründen der Umstellung oder zeigen Skepsis.

Zitierte Studien
¹) Spectra Marktforschung, Marketingreport Einstellung zu und Verordnung von Biosimilars Ergebnisse einer Fachärztebefragung in QII 2022
²) Perception of pharmacological equivalence of generics or biosimilars in healthcare professionals in Vienna
Lukas Binder, Medical University Vienna, Austria
Markus Zeitlinger, Department of Clinical Pharmacology, Medical University Vienna, Austria
veröffentlicht: European Journal of Clinical Pharmacology, https://doi.org/10.1007/s00228-023-03603-3

Spectra Marktforschung verzichtet aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Spectra_13-4267_Biosimilars_report_final (002)

Binder_Zeitlinger_s00228-023-03603-3-2

BiVÖ Newsletter 02 2024_final